Elfriede seufzt, streicht die Haare aus der Stirn, fühlt sich müde,
frustriert und deprimiert. Irgend etwas ist falsch gelaufen, überlegt
sie. Und dabei hat sie immer geglaubt, alles richtig zu machen. Noch wenige
Monate zuvor ist der Haushalt trotz ihrer Berufstätigkeit stets tadellos
erledigt worden, das Essen pünktlich auf dem Tisch gestanden, für
Alfred, ihren Mann, jeden Tag ein frisch gewa-schenes, gebügeltes
Hemd und ein sauber geputzter Anzug bereit gelegt gewesen - mit Hilfe
ihrer Mutter und von Frau Huber, ihrer Putzfrau, die sie als Kind schon
gekannt hatte. Aber nun ist ihre Mutter eines Hüftleidens wegen operiert
worden und Frau Huber in Pension gegangen. Einige Zeit hat Elfriede versucht,
Beruf, Haushalt und die Erziehung ihrer Kinder, der siebenjährigen
Zwillinge Roland und Renate, neben ihrer neuen Putzfrau, die zwar recht
nett, aber nur einmal in der Woche kommen und nie ein wirklicher Ersatz
für Frau Huber sein kann, alleine zu bewältigen. Es ist ihr
nicht gelungen.
"Alfred!" hat sie vor kurzem zu ihrem Mann gesagt. "So
geht es nicht weiter."
Er hat ihren Argumenten zugehört und dann, ohne lange zu zögern,
versichert: "Selbstverständlich leiste ich meinen Beitrag."
Und jetzt ...
Alfred bemüht sich. Das muß sie zugeben. Dennoch ...
Elfriede seufzt erneut, holt die letzten Gegenstände aus dem Einkaufswagen
und verstaut sie an den zuständigen Stellen. Vor der Zubereitung
des Abendessens ist sie nicht dazu gekommen. Alfred und die Kinder haben
vorhin den Tisch recht hübsch gedeckt, fällt ihr ein, mit weißem
Tisch-tuch, Servietten, Blütenzweigen und Kerzen. Auch die Mahlzeit
ist in bestem Einvernehmen ver-laufen. "Was haben Sie für einen
wunderbaren Mann!" Dieser Satz dröhnt noch immer in ihren Ohren.
Wer hat diesmal? Ach ja, die Lehrerin ihrer beiden Kinder, der sie vorhin
auf der Straße begegnet ist. Vor wenigen Tagen haben Nachbarin und
Hausbesorgerin Ähnliches behauptet und die Kolleginnen in der Schule,
an der Elfriede selbst unterrichtet. Besonders schwärmen ihre Mutter
und die Schwiegermutter von Alfred, und vor allem Roland und Renate.
Aus dem Badezimmer schallt fröhliches Lachen. Alfred befindet sich
dort mit den Kindern. Ja, er versteht es, die abendliche Reinigung zu
einem Fest umzugestalten. Bei ihr haben die Zwillinge gemault und nur
widerwillig mitgetan. Inzwischen ist der Einkaufswagen leer geworden.
Eigentlich eine unnötige, zusätzliche Arbeit, stellt sie fest.
Aber ihr Mann und die Kinder hatten beim nach-mittäglichen Einkauf
im Supermarkt eine Menge überflüssiger Dinge mitgenommen und
andere wichtige vergessen. Nun hat sie noch schnell vor dem Abendessen
selbst dorthin eilen müssen, um das Fehlende zu besorgen. Sie ist
still und unbemerkt zwischen den Regalen umhergegangen, während Alfred
und die Kinder an der gleichen Stelle sicher die Stars gespielt haben,
umschwärmt von Verkäuferinnen, Kassiererinnen und Kundinnen.
Anschließend füllt sie die Waschmaschine. Diese - nachdem er
die Kinder zu Bett gebracht hat - einzuschalten, betrachtet Alfred als
seine Aufgabe. Fasziniert steht er dann davor und betrachtet die in der
Trommel rotierende Wäsche.
"Ich habe gar nicht gewußt, daß Hausarbeit so viel Spaß
macht", versichert er stets von neuem.Immer lauteres Schreien tönt
aus dem Badezimmer. Wasser hört sie überschwappen, unter-scheidet
das Gurgeln ihres Mannes, Renates Gekreische und Rolands Gekicher. Sie
stellt das schmutzige Geschirr in die Spülmaschine. Unbehagen erfaßt
sie von neuem, sie betrachtet ihre Hände.
"Ich sollte diese mehr schonen", sagt sie zu sich selbst, "oder
wenigstens Gummihandschuhe verwenden. Aber meistens vergesse ich darauf
oder komme nicht dazu."
Füße tappen über den Flur, die Tür zum Kinderzimmer
fliegt auf und wieder zu. Bald darauf betritt Elfriede das Bad, rutscht
aus und schlägt sich den Knöchel an. Frotteetücher und
Lappen schwimmen in Pfützen auf dem Fliesenboden, vereint mit Holzschiffchen
und Plastiktieren. An der Innenwand der bereits geleerten Wanne kleben
Schaum- und Schmutzränder, und die Wasser-spritzer reichen bis hoch
hinauf. Elfriede atmet tief ein und aus, nimmt ein Tuch, bückt sich
und fängt an aufzuwischen.
Inzwischen schwillt der Lärm im Kinderzimmer zu höchster Lautstärke
an. Veranstalten die drei dort drinnen einen Polsterkampf? Wenn nur kein
Kissen dabei zerreißt wie vor einigen Tagen. Etliche der winzigen
Flaumfedern befinden sich noch immer in Ritzen und Spalten und sind trotz
sorgfältigen Saugens und Putzens nicht daraus zu entfernen.
Bei dieser Arbeitsteilung stimmt etwas nicht, überlegt Elfriede.
Ich muß noch einmal mit Alfred darüber sprechen.
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