Wer bist du denn schon! Wer glaubst du denn, wer du bist, dass du ungestraft
über mich und meine Liebe spotten darfst!
Eilt mir zur Hilfe, Rächerinnen gekränkter Weiblichkeit! Steht
mir bei und lehrt mich eure Zaubersprüche! Weiht mich ein in die
Geheimnisse der schwarzen Magie! Denn folgst du nicht willig, dann brauch
ich ...
Getrocknete Fliegenpilze, sagt ihr, soll ich zu feinem Pulver zermahlen,
und einen Extrakt aus Bilsenkraut bereiten, gepflückt in der dritten
Stunde nach Mitter-nacht. Dann soll ich acht linke Beine von Weiberknechten
sammeln und einer Gottesanbeterin beim Geschlechtsakt auflauern. Bevor
das Männchen von seiner Gefährtin verschlungen wird, Kopf und
Beine abreißen, sie mit den Beinen der Weiberknechte vermengen und
alles Neumond in einer tönernen Schale verbren-nen. Die in Krötenblut
gelöste Asche samt dem Fliegenpilzpulver dem Trank beimengen. Drei
mal drei Tropfen davon in ein Cola gießen, das sich der Farbe und
des Geschmacks wegen am besten dazu eignet, den unangenehmen Geschmack
zu verbergen, und ihm das Glas mit einem Lächeln anbieten ...
Wozu der Aufwand?, fragt mich meine beste Freundin. Hast du vergessen,
dass du eine Frau bist? Du kannst ihn jederzeit haben, wenn du den miesen
Kerl überhaupt noch haben willst ...
Im Staub soll er vor mir kriechen, entgegne ich, und sich nach meiner
Liebe ver-zehren. Und dann werde ich ihn auslachen.
Wenn das so ist, sagt meine Freundin, wenn du nicht einmal einen winzigkleinen
Rest an Liebe zu ihm in dir spürst, dann ist es leicht, dann ist
ein Kinderspiel. Pass nur auf ...
... dass du dich nicht versehentlich nach ihm umdrehst?
Dreh dich nach ihm um, sooft du willst, aber gib Acht, dass du dich dabei
nicht nochmals in ihn verliebst.
Nochmals in den Kerl verlieben? Wie kommst du nur auf so einen absurden
Gedanken, empöre ich mich.
Soll ja schon vorgekommen sein, sagt meine Freundin. Also pass auf! Du
bist nicht länger ein mitfühlendes weibliches Wesen. Eiskalt
bist du und berechnend. Ein Biest bist du. Ein Biest, das jeder begehrt.
Rot sind meine Lippen. Lustrot. Glühende Kohlen mein Blick, der die
Männer mustert. Wenn ich an ihnen vorbei defiliere, wiegen sich meine
Hüften. Der Duft von weißsamtenen Lilien und berauschendem
Moschus, entströmt meinem geschmeidigen Körper und vernebelt
ihren Verstand und das sanfte Gurren lullt ihren letzten Widerstand ein
...
Ich bin die Frau, die jeder begehrt und die sich nicht umblickt, weil
sie weiß, dass die Männer ihr folgen.
Ich bin die Frau, die er begehrt und ich blicke mich nicht um, weil ich
weiß, dass er mir folgt.
Vergiss nicht, dass du die Gewalt über ihn verlierst, wenn du dich
nochmals in ihn verliebst, ermahne ich mich. Eiskalt musst du bleiben
und keinen Augenblick darfst du vergessen, was er dir angetan hat.
Eiskalt soll ich bleiben, auch wenn er mir näher kommt?
Eiskalt, auch wenn seine Hand die meine flüchtig berührt?
Eiskalt, auch wenn seine Lippen die meinen auseinander drängen?
Eiskalt, auch wenn sein Körper sich an meinen schmiegt und er in
mich ein-dringt?
Wer vermag da noch eiskalt zu bleiben?
Vergiss nicht ... Was hast du mir geraten, meine beste Freundin? Was nur
hast du mir geraten?
Verachten soll ich ihn, statt ihn zu lieben?
Lieben soll ich ihn, statt ihn zu verachten?
Die Worte schwirren wie rasend gewordene Geschosse durch meinen Kopf.
Was wird geschehen, wenn sie sich befreien, wenn sie ihn treffen? Ich
liebe ihn doch!
Fürchte dich nicht, sage ich. Fürchte dich nicht, denn ich bleibe
für immer bei dir.
Da hört der Spuk auf.
Bleib hier, sagt er und verlässt das Lager, ohne sich nach mir umzublicken.
Und untersteh dich, mir nachzulaufen, sagt er, als er auf die Tür
zugeht.
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